Kabinettsbeschluss zur befristeten Teilzeit: Familienbund vermisst im Gesetzentwurf „familienfreundliche Handschrift“
von Redaktion Familienbund
Das Bundeskabinett aus Union und SPD hat heute nach langen Diskussionen den Gesetzentwurf für eine befristete Teilzeit beschlossen. Der Familienbund der Katholiken, der sich bereits in der vergangenen Legislaturperiode für einen erarbeiteten Gesetzentwurf stark gemacht hatte, begrüßte die Entscheidung, sieht aber zentrale Arbeitnehmerrechte für Eltern nur unzureichend umgesetzt. „Die Möglichkeit der Befristung von Teilzeitarbeit ist in Deutschland überfällig“, sagte Familienbund-Präsident Stefan Becker dazu heute in Berlin. „Die unselige Teilzeitfalle, in die beruflich kürzertretende Mütter und Väter bislang unweigerlich rutschten, kann der Gesetzentwurf künftig nur für Arbeitnehmer in größeren Unternehmen verhindern, die in kleineren haben das Nachsehen. Das ist zwar ein Fortschritt, denn Teilzeitarbeit von Eltern ohne Rückkehrrecht ist einer der wesentlichen Gründe für Familienarmut. Eine familienfreundliche Handschrift fehlt dem Gesetzentwurf leider trotzdem. Angesichts eines weitreichenden Schutzes für Unternehmen droht das Gesetzesvorhaben die Zielgruppe aus den Augen zu verlieren, die davon am meisten profitieren sollte – die Familien!“
Berlin, 13. Juni 2018 – „Zu den unübersehbaren familienpolitischen Gerechtigkeitslücken des Gesetzentwurfes gehört, dass die sogenannte Brückenteilzeit erst bei Unternehmen ab 46 Mitarbeitern greift“, sagte Becker. „Dadurch sind Eltern, die in kleinen Unternehmen arbeiten, vom Rückkehrrecht kategorisch ausgeschlossen.“ Der Gesetzesentwurf mache den Anspruch auf befristete Teilzeit abhängig von der Unternehmensgröße: Erst bei einer Größe von 46 Mitarbeitern würden vier Mitarbeiter die befristete Teilzeit geltend machen können, bis zu einer Größe von 200 Mitarbeitern stiege die Zahl der Berechtigten schrittweise auf 14 Mitarbeiter. Erst bei noch größeren Unternehmen solle keine konkrete Obergrenze gelten. „Im Gesetzentwurf der vergangenen Legislaturperiode sollte das Rückkehrrecht bereits in Unternehmen mit mehr als 15 Mitarbeitern bestehen, einer allgemein üblichen Größe, die beispielsweise auch bei der Pflegezeit im Sinne des Pflegezeitgesetzes gilt“, sagte Becker. Durch die Erhöhung dieses Grenzwertes bleibt der Gesetzgeber leider deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurück, den besonderen Schutz von Familien in der Arbeitswelt zu gewährleisten. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.“
Deutliche Kritik übte der Familienbund der Katholiken auch daran, dass sich durch den Gesetzentwurf am Rückkehrrecht für Mitarbeiter, die bereits auf eine Teilzeitstelle gewechselt sind, kaum etwas ändere: „Die vielen Mütter und Väter in Deutschland, die seit Jahren unbefristet Teilzeit arbeiten, ohne ihre Stunden aufstocken zu können, gehören zu den Verlierern des Gesetzes“, sagte Becker weiter. „Familienfreundlichkeit sieht anders aus! Eltern müssen das Recht haben, eine Vollzeitstelle einfordern zu können und dem Arbeitgeber damit die Beweislast übertragen, falls er keinen Bedarf hat, seinen Mitarbeiter in Vollzeit zu beschäftigen.“ Das habe zwar der erste Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil noch vorgesehen, sei aber auch abgeschwächt worden. Ein Arbeitgeber müsse nun die Beweislast nur tragen, wenn erkennbar eine freie Vollzeitstelle zu besetzen sei.
„Fast durchgängig müssen sich Familien heute den Anforderungen und Taktungen der Arbeitswelt anpassen“, sagte Becker weiter. „Es ist an der Zeit, dass sich auch die Wirtschaft an die Lebenslagen von Familien anpasst. Notwendig sind deshalb Regelungen im Erwerbsleben, die auf die Bedürfnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Sorgeverantwortung reagieren und ihnen mehr Flexibilität ermöglichen“, sagte Becker. „Bei Regelungen zur Befristung von Teilzeit dürfen wir deshalb nicht aus dem Blick verlieren: Eltern, die für die Pflege und Erziehung von Kinder beruflich kürzertreten, dürfen nicht benachteiligt werden, wenn sie später beruflich wieder mehr arbeiten können, wollen oder – um die Familie zu unterhalten – auch müssen.“
Durch die sogenannte „Brückenteilzeit“ sollen vollzeitbeschäftige Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch erhalten, in ihrem Unternehmen für ein bis fünf Jahre in Teilzeit arbeiten zu können. Anschließend hat der Arbeitnehmer wieder das Recht, auf seine Vollzeitstelle zurückzukehren.