Der Familienbund Paderborn bewertet die Eckpunkte zum Kinderbildungsgesetz: Wieder nur ein Schritt und keine grundlegende Reform

von Redaktion Familienbund

Das von Herrn Familienminister Dr. Joachim Stamp vorgelegte Eckpunktepapier ist nicht die seit Jahren geforderte und angekündigte grundlegende Reform des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz), sondern stellt durch höhere Kindpauschalen lediglich eine finanzielle Verbesserung gegenüber dem Status quo dar.

Der Staat gibt die Berufstätigkeit beider Elternteile als gesellschaftliches Leitbild vor mit dem Ziel, dass dies der beste Schutz vor Kinder- und Familienarmut ist. Eltern dürfen vom Staat erwarten, dass dieser in eine hochwertige Kinderbetreuung investiert, damit die Ungleichheit in unserer Gesellschaft nachhaltig bekämpft werden kann. Investitionen in Bildung sind dabei der Schlüssel zum Erfolg.

Eltern erwarten sicherlich nicht zu viel, wenn ihre finanziellen Vorleistungen durch ihre doppelte Erwerbstätigkeit in eine hochwertige Kinderbetreuung investiert werden, die sich an den Bedarfen von Kindern orientiert, um ihnen eine chancengerechte Entwicklung zu ermöglichen.

Zweifel an nachhaltiger Auskömmlichkeit der Finanzierung

Der Familienbund der Katholiken im Erzbistum Paderborn e.V. begrüßt das Vorhaben der Landesregierung, zum Kindergartenjahr 2020/2021 die strukturelle Unterfinanzierung des Kinderbildungsgesetzes zu beseitigen, indem das Land und die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendämter) die erwarteten zusätzlichen Kosten in Höhe von rd. 750 Mio. Euro jeweils zur Hälfte zur Verfügung stellen.

Es ist aber zweifelhaft, ob hierdurch und durch die angekündigte jährliche Anpassung der Kindpauschalen durch eine indexgebundene Steigerung die Auskömmlichkeit auch nachhaltig sichergestellt ist. Es bleiben offene Fragen zur Refinanzierung von Miet- und Investitionskosten, zu den Sachkosten und bisher geleisteten Zusatzpauschalen.

Erhoffte Qualitätsverbesserung nicht erkennbar

Der Familienbund der Katholiken im Erzbistum Paderborn e.V. bedauert, dass das Eckpunktepapier keine Aussagen zu qualitativen und fachlichen Standards enthält. Forderungen und Themen sind hier eine verbesserte Fachkraft-Kind-Relation, die Ausweitung der Freistellung der Kita-Leitungen, ausreichende Vor- und Nachbereitungszeit, Beratung und Zusammenarbeit mit Eltern im Rahmen einer echten Erziehungspartnerschaft, Mitwirkungsrechte von Eltern und kontinuierliche Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher.

Die qualitativen und fachlichen Standards lassen sich jedoch nur mit ausreichendem und gut qualifiziertem Personal erfüllen. Der schon seit Jahren andauernde Fachkräftemangel lähmt die Qualitätsverbesserung und treibt das vorhandene engagierte Personal an die Belastungsgrenze. Deshalb fordert der Familienbund Paderborn umgehende Maßnahmen zur nachhaltigen Gewinnung von Fachkräften. Zwar soll mit dem zusätzlichen 300-Millionen-Euro-Programm vom Bund eine vergütete praxisintegrierte Ausbildung (PIA) eingeführt werden. Das allein wird aber nicht ausreichen. Zusätzlich sollten die Zugangsmöglichkeiten für Quereinsteiger im Erzieherberuf verbessert werden. Für sie sollte die berufsintegrierte Ausbildung und für lebenserfahrene Bewerberinnen und Bewerber die Vollzeitausbildung erleichtert werden. Zudem sollten entsprechende Ausbildungsabschlüsse innerhalb der EU zügig anerkannt und klare Rahmenbedingungen für eine betriebliche, duale Ausbildung als weitere Ausbildungsoption geschaffen werden.

Bedarfsgerechte Erweiterung des Betreuungsangebotes

Positiv wertet der Familienbund Paderborn die bedarfsgerechte Erweiterung des Betreuungsangebotes durch flexible Öffnungszeiten und Betreuung in Randzeiten. Eltern sollten die Zahl der wöchentlichen Betreuungsstunden alleine nach ihrem Bedarf wählen können. Der Bedarf für Früh- und Spätöffnungszeiten sowie für Öffnungszeiten an Samstagen und in den Ferien wird weiter steigen. Die Erfüllung der Wünsche der Eltern scheitert bisher oft an den Personalkosten für längere Öffnungszeiten. Hier einen Anreiz zu setzten, der das Eingehen auf die benötigten Betreuungszeiten unterstützt und gleichzeitig das Wohl der Kinder berücksichtigt, ist begrüßenswert.

Zweites beitragsfreies Kindergartenjahr zum jetzigen Zeitpunkt der falsche Schritt

Sicherlich ist aus Sicht der Eltern ein zweites beitragsfreies Kindergartenjahr erfreulich, da sie hierdurch von zum Teil sehr hohen Elternbeiträgen entlastet werden. Da im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen sozialen Staffelung der Elternbeiträge die Familien mit geringem Einkommen auch bisher schon keinen bzw. sehr niedrige Elternbeiträge bezahlen, profitieren Familien mit mittleren und hohen Einkommen stärker von der Beitragsbefreiung.

Der Familienbund fordert anstelle des zweiten beitragsfreien Kindergartenjahres eine landeseinheitliche soziale Staffelung der Elternbeiträge als Garant für Chancengerechtigkeit für Kinder und zur Entlastung finanziell schwacher Familien. Hierfür sollte ein Teil der Mittel aus der Bundesförderung „Gute Kita-Gesetz“ verwandt werden. Der größte Teil der Bundesmittel sollte der Verbesserung der Betreuungsqualität in den Kitas dienen (s.o.).

Nach erfolgtem quantitativem und qualitativem Ausbau der Kindertagesbetreuung in NRW fordert der Familienbund der Katholiken im Erzbistum Paderborn e.V. mittelfristig eine beitragsfreie Bildungskette. Dieses Ziel ist aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht erreicht.

Garantie der Förderung von allen noch benötigten Plätzen gutes Signal für Eltern und Träger

Die in Aussicht gestellte Garantie der Förderung aller noch benötigten Kita-Plätzen sollte nach Meinung des Familienbundes den weiteren Aus- und Umbau von qualitativen und zeitgemäßen Betreuungsplätzen kurz bis mittelfristig sicherstellen. Wichtig ist hier, dass die Förderung auskömmlich ist und wirtschaftliche Entwicklungen berücksichtigt.

Bei der Absenkung der Trägeranteile an der Finanzierung werden die freien Träger benachteiligt

Während sich der Trägeranteil der Kommunen um 8,3 Prozentpunkte verringern soll, liegt die Absenkung bei den freien Trägern je nach Trägergruppe zwischen 0,5 Prozentpunkten bei den Elterninitiativen und  1,3 Prozentpunkten bei den kirchlichen Trägern. Hierin sieht der Familienbund Paderborn eine Gefahr für den Erhalt der Trägervielfalt, der gesetzlich im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips festgeschrieben ist. Darüber hinaus ist zu kritisieren, dass die kirchlichen und freien Träger nicht an den Gesprächen und Verhandlungen zum vorliegenden Eckpunktepapier beteiligt wurden, obwohl sie ein wichtiger Partner von Land und Kommunen in der frühkindlichen Bildung sind.

Positiv bewertet der Familienbund der Katholiken im Erzbistum Paderborn e.V. die vorgeschlagene Senkung des Anteils der Elternbeiträge an der KiBiz-Finanzierung von 19% auf 16,9%.

Familienbund fordert bessere Betreuungsqualität und eine angemessene Beteiligung aller Träger

Zusammenfassend stellt der Familienbund der Katholiken fest, dass die im Eckpunktepapier dargestellten Maßnahmen nicht die seit Jahren geforderte und angekündigte grundlegende Reform des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) sind. Damit werden auch weiterhin viele Träger nur in der Lage sein, mit Mindeststandards zu arbeiten, die dem „Wohl der Kinder“ und den Bedarfen und Ansprüchen von Eltern an eine qualitativ gute Kinderbetreuung entsprechend der Vorgaben aus der Bildungsvereinbarung nicht gerecht werden.

Aus Sicht des Familienbundes sind die Eckpunkte  unzureichend und werden den Erwartungen von Eltern an die Umsetzung des Bildungsauftrages nicht in ausreichender Weise gerecht.

Wir erwarten, dass das Papier insbesondere  in den Qualitätsbereichen Personal, zur Verfügung stehende Zeit, Elternarbeit und -mitwirkung sowie Aus- und Fortbildung der Fachkräfte nachgebessert wird, so dass die Träger u.a.  in die Lage versetzt werden, nicht nur die Mindestwerte beim Personaleinsatz erfüllen zu können.

Darüber hinaus fordern wir eine angemessene Beteiligung aller kirchlichen und freien Träger an der Reform des Kinderbildungsgesetzes.

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